Un Yi Wa Nu Ouidah
Ich liebe Ouidah (Fon)
Endlich wieder daheim
Der samtweiche Wind, die feuchte Hitze, alles wie immer. Dazu dieses fette, satte Glücksgefühl, endlich dort angekommen zu sein, wo ein geliebter Mensch lebt. Dabei kenne ich hier weder eine große noch eine kleine oder mittlere Liebe. Es ist das Land, das mich fasziniert, eigentlich aber nur eine Stadt im Süden des Landes: Ouidah. Ich habe im Norden die Städte Parakou und Savè besucht, bin mehrmals durch Bohicon, Sakété, Pobé, Ketu gefahren, war zwei Mal in der Königsstadt Abomey, öfters in der Hauptstadt Porto Novo, auch in Come und am Strand von Grand Popo, aber bei einem Vergleich mit Ouidah stimme ich der irischen Sängerin Sinead O’Connor zu:„Nothing compares to you.“
Bereits nach meinem ersten Aufenthalt stellte ich mir die Frage. “Kann man/frau ein Land lieben, sich an einem Ort zuhause fühlen, wo man/frau gerade mal drei Wochen als Gast verbracht hat?
Warum rühren mich die in der Dunkelheit flackernden Kerosinlämpchen, aufgestellt entlang der Straße vom Flughafen nach Ouidah, dass mir sofort Tränen in die Augen steigen? Inzwischen führt eine Autobahn zum Flughafen.
Wieso genügt alleine der Anblick des roten Lateritsandes, um „Ja, das ist es“ zu seufzen?
Dieser Wind, der wie ein zärtlicher Liebhaber Haare, Augen, Arme und Beine umschmeichelt. Aber weht nicht auf Kreta, Teneriffa, den Malediven ein ebenso lauer Wind? Atmet der Körper nicht überall auf, wenn er aus den winterlichen Minustemperaturen in warme Länder kommt?
Vielleicht. Aber.
Ouidah, das ist der weitläufige Platz vor dem Museum, dem ehemaligen portugiesischen Fort; die blau gestrichene Bar gegenüber; der morgendliche Nebel, das kokosmilchige Grün der Palmwedel bevor es Nacht wird, die blutorangefarbene Sonne, die sich in den Horizont fallen lässt, die Skulpturen rechts und links der drei km langen „Route des Esclaves“ zum „Porte de Non Retour“am Atlantik, der Blick vom ersten Stock des Lokals „ Soleil du Minuit“ auf die Tischlerei gegenüber, die durch die Stadt rasenden Zemidjanfahrer, an die ich mich klammere während ich ihnen das meist gebräuchliche Wort im Benin „doucement, doucement“ in die Ohren kreische, worauf diese mit zusätzlicher Erhöhung der Geschwindigkeit und fröhlichem Lachen reagieren, die Händlerinnen entlang der Hauptstrasse, die Kekse, französisches Brot, Bananen, Avocados verkaufen, die Schlangenzeichnungen an den Wänden des Tempels, vor dem Eingang volle Sodabi- Gin- und Limonaden- Flaschen, daneben das Opfertier, Dorfleute, die sich um eine fußballfeldgroße Bühne versammeln, der Chor der Frauen, die in glitzernden Paillettenkleidern tanzenden Vodounsi, der Tanz am Strand in Koffi Kôkôs Village d’Artiste, die Nacht vor dem 10. Jänner, dem offiziellen Vodou Staatsfeiertag.
Ouidah war eines der Zentren des transatlantischen Sklavenhandels, auf den Europa einen Teil seines Reichtums aufbaute. Hier errichteten die Portugiesen, Holländer, Dänen, Engländer und Franzosen ihre Forts, ihre Handelszentren für das Geschäft mit der Sklaverei.Von Ouidah fuhren die Sklavenschiffe der „Middle Passage“ ab. Heute befindet sich am Hafen das Mahnmal „Port au non retour“, eine große Arche mit Flachreliefs, die Sklaven in Ketten zeigen.
Hier in Ouidah stehen einander die Kathedrale und der im Vodou heilige Pythontempel, Wohnort unzähliger Pythonschlangen gegenüber. Vodou hat in der Sprache der Fon, einer der über 50 Ethnien des Landes,mehrere Bedeutungen, darunter auch“Hineinsehen in das Unbekannte“.
100 Prozent Mysterium
Ouidah. es ist 8 Uhr morgens und ein Dunstschleier liegt über der Stadt am Atlantik, der die Palmen staubig ausehen lässt und den roten Lateritsand blass macht. Ouidah gilt als d a s Vodou Zentrum der westafrikanischen Republik Benin. Zu jener Zeit, als das heutige Benin noch „Königreich Dahomey“ hieß, entwickelte sich ein Glaubenssystem, welches das Land bis heute prägt und das durch die Deportation westafrikanischer Menschen als Sklavinnen und Sklaven in die heutige USA und die Karibik exportiert wurde. Der Vodou überlebte das Königreich, die französische Kolonisation und blieb auch während der marxistisch-leninistischen Regierungsperiode nach der Unabhängigkeit inoffiziell mitbestimmende Kultur des Landes. Nicéphore Soglo etablierte 1996 den Vodou als offizielle Staatsreligion und setzte den 10. Jänner als religiösen Feiertag fest.
Herzstück der Religion ist das FA, ein höchst kompliziertes 4.-5.000 Jahre altes System, das auf 16 Grundzeichen aufbaut, die 256 Zeichen möglich machen,mehr als das bekannte I Ging kennt.